Version française de l’article

Vor einigen Jahren sind wir mit der Familie meines Mannes nach Alfeld (Leine) in Niedersachsen gefahren. Wir fahren ein Mal pro Jahr alle zusammen weg. Die Stadt liegt ungefähr 50km südlich von Hannover und kann in 2 Stunden mit dem Zug (in Hannover umsteigen) aus Hamburg erreicht werden.

Eine von der Renaissance geprägte Stadt

Die Stadt wurde im XIII. Jahrhundert gegründet und hat sich dank seiner Mühlen entlang der Leine entwickelt. Am Anfang des XV. Jahrhunderts bekommt sie ein Kontor der Hanse. Durch den hanseatischen Schutz seiner Händler ist die Stadt reicher geworden. Sie verkaufen insbesondere Leine, Leinengarn, Hopfen und Bier. Alfeld erlebte seinen größten Wohlstand bis zum Anfang des Dreißigjährigen Kriegs (1618-1648).

St.-Nicolai-Kirche
Das Stadtwappen am Rathaus

Die Reformation kommt Mitte XVI. Jahrhundert in die Stadt und der Protestantismus wird schnell die Hauptreligion. Man kann sie besonders gut an der Dekoration der Wände der Lateinschule erkennen.

Die Lateinschule ist eines der schönsten Gebäude der Stadt. Die bestehende Schule befand sich im schlechten Zustand und wurde in dem ersten Jahrzehnt des XVII. Jahrhunderts dank der Spenden der Einwohner und ihrer Familien neu gebaut. Es ist ein sehr schönes Gebäude, das auf seinen Außenwänden allegorischen und mythologischen Szenen und historischen Personen zeigt. Das Ziel war, sowohl die Tugend und die Frömmigkeit der Studenten zu entwickeln und zu fördern .

Alfeld ist eine sehr schöne Stadt, aber sie ist besonders bekannt für ihre Schuhleistenfabrik, die seit 2011 Weltkulturerbe ist.

Fagus-Werk, ein von den ersten Bauhaus-Gebäuden

1910 muss Carl Benscheidt seinen Posten als Direktor der Schuhleistenfabrik Behrens in Alfeld kündigen. In der gleichen Stadt gründet er seine eigene Schuhleistenfabrik auf einem nahegelegenen Grundstück seiner ehemaligen Arbeit… Nur eine Eisenbahnstrecke trennt die beiden Konkurrenten. Benscheidt beauftragt zunächst den Architekten Eduard Werner mit der Planung seiner zukünftigen Fabrik, er ist aber mit dem Ergebnis nicht zufrieden. Im Januar 1911 beauftragt er Walter Gropius, das erste Projekt zu verändern. Zu dieser Zeit ist Gropius ein junger und relativer unbekannter Architekt, der hauptsächlich mit dem Architekten Adolf Meyer arbeitet. Der Auftrag ist einen Glücksfall für die beiden Architekten.

Das Hauptgebäude des Werks ist nach Werners Plan gebaut worden, aber die verglasten Fassaden wurden von Gropius und Meyer gezeichnet. Eine erste Erweiterung des Verwaltungs- und Produktionsgebäudes findet 1913 statt. Andere Gebäude sind weiter bis 1925 nach den Plänen von Gropius und Meyer gebaut.

Was richtig spannend ist, ist nicht nur das Gelände zu sehen, sondern auch die Fabrik. Sie ist zwar Weltkulturerbe, aber immer noch aktiv. Es werden dort weiterhin Schuhleisten produziert. Statt aus Holz nun aus Kunststoff. Die Besichtigung ist eine Möglichkeit, die technische Entwicklung der letzten 100 Jahre zu verfolgen.

Das Fagus-Werk gilt als erstes Gebäude der modernen Architektur und war die Gelegenheit für Gropius und Meyer einen internationalen Ruf zu erwerben, besonders weil diese durch orthogonale Linien organisierten verglasten Fassaden sehr innovativ sind. Das Fagus-Werk ist tatsächlich die erste Etappe des Bauhauses (im 1919 gegründet). Ein anderes Kriterium, um Weltkulturerbe zu werden, war die Integrität des Werks. Tatsächlich hat das Gebäude gemäß den damaligen Bauplänen seine ursprüngliche Form ohne weitere Veränderung oder Zerstörung bewahrt. Die weiteren Reparaturen und Renovierungen haben die Harmonie und die Ästhetik den Gebäuden nicht beschädigt.

Während unseres Aufenthalts fanden Konzerte im Fagus-Werk statt. Unser Sohn war noch ein Baby und ich bin mit ihm im Hotel geblieben. Meine Schwiegereltern haben sie aber sehr geschätzt. Im Fagus-Werk finden regelmäßig Veranstaltungen statt.

Die Industriegeschichte wird ungerechterweise oft als langweiliges Fach angesehen. Die Besichtigung von technischen Museen und Fabriken ist dabei spannend, besonders mit Kindern, weil die Themen greifbar sind.

Sind Sie auch von industriellen Geländen und technischen Museen begeistert?